Gladbach-Manager im Interview
Virkus: „Nur dann können wir viel Geld in die Hand nehmen“
Roland Virkus ist seit Februar 2022 Sport-Geschäftsführer von Borussia Mönchengladbach.
Quelle: IMAGO/Ulrich Hufnagel
Artikel anhören
• 5 Minuten
Im Sportbuzzer-Interview spricht Manager Roland Virkus über die schwierige Situation von Borussia Mönchengladbach und die Gründe für die äußerst wechselhafte Saison. Zudem blickt der Sport-Geschäftsführer auf die Planungen für die kommende Spielzeit voraus.
Bei Borussia Mönchengladbach hängt der Haussegen schief. Sportlich läuft es nicht: Die Mannschaft hat in der Bundesliga nur vier Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz, dazu kommt die DFB-Pokal-Pleite beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken. Im Sportbuzzer-Interview spricht Sport-Geschäftsführer Roland Virkus über die aktuelle Lage beim Klub und die Planungen für die kommende Saison.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Sportbuzzer: Herr Virkus, im Winter konnte Borussia mehr als 100.000 Mitglieder vermelden. Hat es seit dem Pokal-Aus bei Drittligist 1. FC Saarbrücken Austritte gegeben?
Roland Virkus (57): Nicht, dass ich wüsste. Aber es gab eine riesengroße Enttäuschung bei allen: Fans, Mitarbeitern, Spielern und Verantwortlichen. Das war, als hätte einer den Stecker gezogen. Und ja, die Fans haben uns beim folgenden Spiel in Heidenheim deutlich gezeigt, dass sie mit dieser Leistung nicht einverstanden waren. Diesen Liebesentzug kann ich auch völlig verstehen.
Stellt man nach einem solchen Spiel in einer ohnehin enttäuschenden Saison alles, vom Trainer bis zur eigenen Rolle, infrage?
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Auf jeden Fall brauchte es etwas Zeit, um wieder zur Sachlichkeit zurückzukehren. Dass diese Niederlage besonders schmerzhaft war, ist unbestritten. Mancher Fan hatte angesichts der Konstellation – Drittligist im Viertel-, Zweitligist im Halbfinale – im Geiste wohl bereits ein Zimmer in Berlin gebucht. Und doch wäre es völlig falsch, wegen eines einzigen Spiels alles infrage zu stellen. Wir müssen das große Ganze bewerten, und da bin ich nach wie vor von unserem Weg überzeugt.
Hat man der Mannschaft mit dem Mantra, man befinde sich im Umbruch, ein Alibi gegeben?
Wir haben vor der Saison wichtige Spieler und damit Marktwerte verloren. Entsprechend haben wir neue Spieler geholt und auch im Staff Änderungen vorgenommen. Dazu kommen die Ausfälle. Unser wahrscheinlich wichtigster Kreativspieler Alassane Plea fehlte neun Spiele lang. Unser Kapitän Jonas Omlin hat mehr als eine halbe Saison verpasst. Unser neuer Stürmer Tomas Cvancara stand nach vier Wochen in der Scorerliste weit oben, fiel dann über Monate aus. Jordan, den wir eigentlich als Ergänzung verpflichtet haben, war zeitweise unser einziger zentraler Stürmer, und auch er verletzte sich mehrfach. Alles zusammen trägt nicht gerade zur Sicherheit bei. Uns fehlt Stabilität, wir sind sehr schwankend in unseren Leistungen.
Borussia steht zwar noch vier Punkte vor dem Relegationsplatz. Haben Sie dennoch Sorge, dass sie noch in den Abstiegskampf geraten kann?
Wir müssen auf jeden Fall sehr aufmerksam sein. Alle Mannschaften in der unteren Tabellenhälfte haben das gleiche Schicksal. Mit einer Niederlage bist du plötzlich in dem Bereich, wo du dich nicht wiederfinden möchtest. Deswegen müssen alle Sinne geschärft sein, jeder Punkt ist immens wichtig. Auch deshalb, weil es in der Fernsehgeld-Tabelle noch um sehr viel Geld geht.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Fehlt der Mannschaft ein Anführer, wie es beispielsweise Granit Xhaka war, der nun Leverkusen zum Titel geführt hat?
Ich gebe Ihnen recht: Fußball hat immer etwas damit zu tun, dass du Leute auf dem Platz hast, die den Weg vorgeben, die führen. Diese Art Leadership fehlt uns seit dem Abgang von Lars Stindl an einigen Stellen. Aber nehmen wir Xhaka: Einen Spieler wie ihn können wir uns mit unseren Mitteln nicht leisten. Überhaupt ist es für uns kaum möglich, Führung einzukaufen, denn die ist sehr teuer. Also müssen wir versuchen, das auf mehrere Schultern zu verteilen, und schauen, welche Spieler vielleicht in eine solche Rolle hineinwachsen können.
Wer könnte das aktuell sein?
Ich traue Rocco Reitz das zu, wenn er etwas mehr Erfahrung gesammelt hat. Jonas Omlin hat jetzt schon das Zeug dazu, hat aber fast 20 Spiele gefehlt. Julian Weigl hat in dieser Saison schon viel Verantwortung übernommen. Das alles ist ein Prozess, der seine Zeit braucht.
Deshalb träumen viele Fans von Daichi Kamada, der im Sommer ablösefrei ist.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Kamada ist ein sehr guter Spieler, der uns mit seiner Qualität auf jeden Fall helfen könnte. Aber allein vom Gehalt her ist ein Spieler dieser Klasse utopisch für Borussia.
Wird der Kader zur neuen Saison also weiter an Qualität verlieren?
Ich sage es ganz offen: Wir können nur dann viel Geld in die Hand nehmen, wenn wir Erlöse erzielen. Anders geht es nicht. Trotzdem kann die Mannschaft in der neuen Saison besser funktionieren. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die fehlen, siehe VfB Stuttgart. Dort hat man den Kader im Vergleich zur Vorsaison nur minimal verändert, mit Maximilian Mittelstädt und Deniz Undav. In erster Linie aber wurden brachliegende Potenziale ausgeschöpft, und die sehe ich bei uns auch. Zum Beispiel ist Cvancara mit seinen Qualitäten ein Stürmer, der zweistellig treffen muss, wenn er gesund bleibt. Wenn es gelingt, diese Potenziale abzurufen, wird die Mannschaft stabiler sein und werden die Ergebnisse zurückkommen.
Sportbuzzer